Zahlungsaufforderung der Synagogengemeinde:
Bösingfeld, 21. Okt. 1903
Muß Sie hiermit ergebenst mitteilen, daß
Sie mit den von fürstl. Regierung Gemeindestatuten der israelischen Gemeinde
verpfl. sind ein Einzugsgeld von 40 M in die Gemeindekasse zu bezahlen.
Der § 12 der Statuten lautet, läßt ein Fremder, verheiratet sich in dem
hiesiegen Gemeindebezirk häusl. nieder, so hat er, wenn die Frau auch fremd, 40
M, ist die Frau hier geboren oder wohnhaft gewesen, 20 M, in die Gemeindekasse
zu zahlen.
Das Einkaufsgeld ist 3 Monate nach der Niederlassung zu bezahlen. Dadurch genießt
der Neueingetretene alle Rechte der Gemeinde und hat Anteile an dem Vermögen
der Gemeinde.
Das originale Aktenstück liegt zu ihrer Einsicht auf
Wunsch bereit.
Hochachtend
M. Herzberg
Antwortschreiben von Herrn Schleyer:
Nach meiner Auffassung ist der § 12 der
Gemeindestatuen nicht auf mich zu
beziehen, denn es wird mir darin von einem Fremden und verheirateten
gesprochen. Als Fremder kann ich aber nicht mehr betrachtet werden, da ich
bereits 5 Jahre ansässig und wiederholt schon an Sitzungen der jüdischen
Gemeinde, auf Einladung des Vorstandes, teilgenommen habe.
Bei den vorgekommenen Abstimmungen habe ich wie jedes anderen Mitgliedern. Aus
all dem geht hervor, dass ich schon bisher die Rechte und Pflichten eines Mitgl.
der jüd. Gemeinde besessen habe. Jedenfalls habe ich mich nicht als
Verheirateter hier niedergelassen, sonders als Unverheirateter und schon vor 5
Jahren.
Damals hätte man mir vielleicht ein Einkaufsgeld auferlegen können aber nicht
auf Grund des § 12 der nur von verheirateten Fremden spricht.
(Dr. Schleyer)
Meldung der Synagogengemeinde an die Regierung:
1. An Fürstliches Verwaltungsamt Brake
In der Aufforderung an den Dr. Schleyer des Einkaufgeldes betreffend, ist nur ein Teil des in Frage angeführten Paragraphen im Auszuge wiedergegeben, der nicht angenommen worden ist, dass der Dr. Schleyer Schwierigkeiten machen würde, jedoch hat aber auch derselbe, dass von Fürstlicher Regierung genehmigte Original Statut der Bösingfelder Synagogengemeinde selbst eingesehen, der Paragraph 12 der Statuten lautet wörtlich:
(Zitat fehlt!)
Nach des Unterzeichneten Vorstand fester Überzeugung
ist, dass nach dieser Frist die Gemeinde erst berechtigt sein soll den Betrag zu
erheben, aber kein Zeitpunkt dadurch festgestellt ist wann solches geschehen
soll. Das nun die Gemeinde davon abgesehen hat den Dr. Schleyer nach seiner
Niederlassung in der hiesigen Gemeinde das Einkaufsgeld im Betrag von 40 M
sogleich abzufordern, hat auch
seinen Grund darin das der Gemeinde die damalige kleine Praxis und weniger günstige
Vermögenslage des Beschwerdeführers bekannt war. Die Gemeinde hat lediglich
auf die erwähnten Umstände Rücksicht genommen und hielt jetzt, wo seine Vermögensverhältnisse
durch die gute Praxis und durch die Verheiratung mit der Tochter eines begüterten
Mannes sich gebessert, den Zeitpunkt für gekommen, dass besagte Einkaufsgeld
anzufordern. Das der Beschwerdeführer vorbringt, er habe an den
Gemeindeversammlungen teilgenommen, ist noch kein Grund für seine Beschwerde,
auch das er schon 5 Jahre hier gewohnt habe kann hier berücksichtigt werden,
dass die Gemeinde mit der Einziehung des Geldes so lange gewartet hat ist doch
nur der gute Wille.
Die hiesige Synagogengemeinde hat doch auch große Opfer zur Anlegung eines würdigen
Friedhofs gebracht, außerdem sind ca.6000 M Gemeindevermögen zu einem
Synagogenbau verwandt, die Gemeinde besitzt noch außerdem Grundbesitz und
Gerechtsame im Wert von 1500 M zu veranschlagen, da nun
der Beschwerdeführer an allen Rechten und Gerechtsamen
gleichen Anteil nimmt so ist es doch auch nicht unbillig die in Paragraph
12 der Statuten vorgesehen 40 M zu bezahlen.
Es wird auch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass noch in letzter zeit hier
zugezogen Personen auf einfach Aufforderung das Einzugsgeld bezahlt haben.
Die Bösingfelder Synagogengemeinde bittet nun gehorsamst
Dr. Schleyer mit seiner Beschwerde zurückzuweisen.
Bösingfeld, den 19. Nov. 1903
M. Herzberg
Vorstand
3 Anlagen zurück
In dieser Angelegenheit kam es schließlich zum Prozess. Unterlagen zum Ausgang des Rechtsstreites waren leider nicht auffindbar.